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Börsen-Zeitung: Die Rally trägt sich selbst, Börsenkommentar "Marktplatz" von Dieter Kuckelkorn

Frankfurt (ots)

Der deutsche Aktienmarkt hat die gerade beendete
Handelswoche mit einem deutlichen Verlust der fünf Tage von 2,8% auf 
5309 Punkte beendet. Dazu ist zu einem guten Teil das Kursdesaster 
bei Volkswagen (VW) schuld - die Aktie des Autoherstellers brach 
zeitweise um rund 25% ein. Aber auch ohne VW kommt unterm Strich eine
deutlich negative Wochenperformance heraus. Dies überrascht 
eigentlich, weil doch aktuell ermutigende Konjunkturdaten 
veröffentlicht worden sind. So haben gemäß den Zahlen ihrer 
Statistikämter die beiden bedeutendsten Volkswirtschaften der 
Eurozone, Deutschland und Frankreich, die Rezession bereits hinter 
sich gelassen. Die Rückkehr zu wenn auch nur leichtem 
Wirtschaftswachstum ist damit rascher erfolgt, als die meisten 
Ökonomen zu hoffen gewagt hätten.
Die zum Wochenausklang schwache Performance ist zweifellos auch 
auf die unerfreulichen US-Daten zurückzuführen. Der Index des 
Verbrauchervertrauens der Universität Michigan kam mit lediglich 63,2
Punkten herein, weit unterhalb der Konsensschätzung der 
Bankenvolkswirte von 69 Zählern. Die Zahlen machen deutlich, dass 
entgegen dem am Aktienmarkt fast schon grenzenlosen 
Konjunkturoptimismus längst noch nicht alles Gold ist, was glänzt. 
Die Stimmung der US-Verbraucher, die über den privaten Konsum 
immerhin rund 40% zum Bruttoinlandsprodukt beitragen, ist alles 
andere als optimistisch. Besorgnis erregend sind auch die 
US-Verbraucherpreise, die im Juli so stark gesunken sind wie schon 
seit 60 Jahren nicht mehr.
Letztlich ist die schwache Performance aber darauf zurückzuführen,
dass der Markt überkauft ist. Die freundlichen Konjunkturdaten aus 
der Eurozone haben lediglich bestätigt, was längst eingepreist war. 
Sie vermochten daher über ein kurzes Strohfeuer hinaus keinen 
weiteren Auftrieb verleihen.
Zudem ist auch die Quartalssaison eher gemischt ausgefallen. Wie 
die Analysten der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) schreiben, hat 
es mit einem Verhältnis von 16:14 zwar ein leichtes Übergewicht der 
positiven Überraschungen bei den Nettogewinnen der Dax-Unternehmen 
gegeben. Es fiel auch die Veränderungsrate der Unternehmensgewinne 
mit -44% besser aus als vom Marktkonsens mit -55% erwartet. 
Betrachtet man jedoch über den Dax hinaus den breiteren Markt, ergibt
sich ein leichtes Übergewicht der Negativüberraschungen. Bedenklich 
ist aber vor allem, dass eine Mehrheit von 55% der Unternehmen mit 
ihren Erlösen die Konsensschätzung verfehlt hat. Die LBBW-Analysten 
schließen daraus, dass Enttäuschungen beim Gewinn vor allem dadurch 
vermieden worden sind, dass die Unternehmen eine strengere 
Kostenkontrolle eingeführt und Investitionen aufgeschoben haben. Eine
wirkliche Geschäftsbelebung sei jedoch vielfach nicht festzustellen 
gewesen. Die Experten der WestLB weisen auf eine tiefe Kluft zwischen
der positiven Top-Down-Betrachtung der Lage und der eher 
enttäuschenden Bottom-up-Sichtweise hin. Sie gehen daher von einem 
Revisionsbedarf der Gewinnwachstumsschätzungen aus.
Damit stellt sich die Frage, wie es mit der Rally weitergeht. 
Bliebe das bisherige Tempo der Erholung erhalten, stünde der Dax am 
Jahresende bei satten 7300 Punkten - womit allerdings eher nicht zu 
rechnen ist. Viele Aktienstrategen weisen auf die aus ihrer Sicht 
akute Rückschlaggefahr hin. Sie gehen davon aus, dass der Dax das 
Jahr deutlich unter dem aktuellen Niveau beendet. Aber auch das 
erscheint derzeit als eine eher unrealistische Perspektive.
Am wahrscheinlichsten ist es, dass sich die Hausse weiter 
fortsetzt, wenn auch mit einem reduzierten Tempo. Dafür spricht unter
anderem, dass es derzeit große Mengen an Liquidität gibt, die der 
Anlage harren. Mit der Flutung der Märkte mit Liquidität haben die 
Notenbanken das Potenzial für eine Vielzahl neuer 
Überbewertungsblasen geschaffen. Diese lassen sich derzeit auf einer 
Vielzahl von Märkten beobachten - von Corporate Bonds über Rohstoffe,
Emerging Markets bis eben auch zu den etablierten Aktienmärkten.
Zudem gibt es jede Menge Investoren, die aufgrund ihrer Skepsis 
erst sehr spät an den Aktienmarkt zurückgekehrt sind und nun alle 
Kursrücksetzer dazu nutzen, um zuzukaufen. Wie es scheint, trägt die 
Rally bis auf Weiteres sich selbst.
(Börsen-Zeitung, 15.8.2009)

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