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Versorgungssicherheit: Stromlücke entpuppt sich als Stromlüge

Berlin (ots)

Neue Studienergebnisse: Für eine sichere
Stromversorgung braucht Deutschland weder längere Reaktorlaufzeiten 
noch zusätzliche Kohlemeiler - Unflexible Großkraftwerke auf Basis 
von Kohle und Uran bedrohen im Gegenteil den Ausbau der Erneuerbaren 
Energien - DUH-Bundesgeschäftsführer Baake: "Negativpreis-Rekord an 
der Strombörse ist Wetterleuchten für heraufziehenden Systemkonflikt"
- keine größere Abhängigkeit von Erdgasimporten
Deutschland braucht für eine jederzeit und an jedem Ort sichere 
Stromversorgung weder Laufzeitverlängerungen von Atomkraftwerken noch
zusätzliche Kohlekraftwerksblöcke. Vielmehr können aus Altersgründen 
oder wegen des gesetzlich festgelegten Atomausstiegs stillgelegte 
Großkraftwerke bis 2020 durch den - von allen Bundestags-Parteien 
gewünschten - Ausbau der Erneuerbaren Energien und neue flexible 
Gaskraftwerke ersetzt werden. Das geht aus dem aktuellen 
Zwischenbericht einer vom Bundesumweltministerium geförderten 
Energiestudie des Solar-Instituts Jülich und der Fachhochschule 
Aachen hervor (1).  Die Untersuchung bestätigt im Grundsatz 
Ergebnisse ähnlicher Studien aus der jüngsten Vergangenheit (2,3)
"Das neue Gutachten entlarvt das Gerede von der drohenden 
Stromlücke endgültig als interessengeleitete Stromlüge der 
Atomkonzerne", erklärte DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake. Die 
der Atomenergie von Politikern aus Union und FDP zugeschriebene 
"Brückenfunktion" sei durch das 2002 im Deutschen Bundestag 
verabschiedete Atomausstiegsgesetz abschließend geregelt: "Die 
Atombrücke in Deutschland endet Anfang der 2020er Jahre - alles, was 
danach kommen soll, sind Geschenke willfähriger Politiker an die 
marktbeherrschenden Energiekonzerne im Lande", sagte Baake. Verdienst
des neuen Gutachtens sei es, dies noch einmal mit Hilfe plausibler 
Modellrechnungen ermittelt zu haben. Längere Laufzeiten für 
Atomkraftwerke und der Neubau weiterer Kohlekraftwerke wären 
allerdings "nicht nur unnötig, sondern für eine zukunftsfeste, 
klimaschonende Stromzukunft kontraproduktiv."
Der DUH-Bundesgeschäftsführer erklärte, dass das Festhalten an 
unflexiblen Großkraftwerken auf Basis von Kohle oder Atomkraft den 
von der großen Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger gewünschten Ausbau
der Erneuerbaren Energien zunehmend erschwere. Der Grund: Der 
naturgemäß unstet anfallende Strom aus Wind und Sonne könne nur dann 
wirksam integriert werden, wenn flexible, schnell regelbare 
Kraftwerke den Ausgleich zwischen schwankendem Strombedarf und dem 
ebenfalls schwankenden Stromangebot schaffen. Für eine Übergangszeit 
seien dazu mehr flexible Gaskraftwerke notwendig, später könnten 
Stromspeicher und ein internationaler Stromverbund für den 
notwendigen Ausgleich sorgen.
Der heraufziehende Systemkonflikt zwischen den Erneuerbaren 
Energien und den Technologien des vergangenen Jahrhunderts zeige sich
schon jetzt immer häufiger an der Strombörse EEX in Leipzig. Seit dem
September 2008, als am dortigen Spotmarkt erstmals negative 
Strompreise zugelassen wurden, lag der Handelspreis 130 Stunden lang 
bei Null oder darunter. Tendenz steigend: Am vergangenen Sonntag (4. 
Oktober) notierte erstmals der Durchschnittspreis für die an diesem 
Tag insgesamt am Spotmarkt gehandelte Strommenge negativ, nämlich bei
minus 11,59 Euro pro Megawattstunde (entspricht 11,59 Ct/kWh). Acht 
Stunden hintereinander lag der Strompreis bei oder unter Null Euro 
und erreichte zwischen zwei und drei Uhr in der Nacht ein Allzeittief
von minus 500,02 Euro pro Megawattstunde. Das bedeutet, dass die 
Stromkonzerne, die ihre unflexiblen Großkraftwerke auch dann 
weiterlaufen lassen, wenn die Erneuerbaren den Großteil des 
Strombedarfs decken, immer tiefer in die Tasche greifen müssen, damit
ihnen irgendjemand innerhalb oder außerhalb Deutschlands den 
Überschussstrom abnimmt. "Am vergangenen Wochenende haben wir das 
Wetterleuchten eines Systemkonflikts erlebt, der sehr bald alltäglich
wird, wenn nicht parallel zum Ausbau der Erneuerbaren Energien 
nacheinander Atomkraftwerke und später Kohlekraftwerke vom Netz 
genommen werden", erklärte Baake.
Im Basisszenario der Untersuchung des Solar-Instituts Jülich und 
der Fachhochschule Aachen wird am Atomausstieg festgehalten, 
zusätzliche Kohlekraftwerke über bereits genehmigte und im Bau 
befindliche hinaus werden nicht mehr errichtet. Lücken in der bis 
2020 auf gut 35 Prozent ansteigenden Strombereitstellung aus Wind, 
Sonne und Co. werden zunehmend aus Erdgaskraftwerken gedeckt. "Wer 
daraus auf einen massiven Anstieg der Abhängigkeit Deutschlands von 
russischem Erdgas schließt, unterliegt einem Kurzschluss", erklärte 
der Leiter Politik und Presse der DUH, Gerd Rosenkranz. Zum Einen 
müsse zwar übergangsweise mehr Gaskraft-Kapazität errichtet werden. 
Mit zunehmendem Anteil der Erneuerbaren Energien müssten die aber 
immer weniger Stunden im Jahr hochgefahren werden. Zum Anderen würden
derzeit nur etwa 11 Prozent des in Deutschland insgesamt eingesetzten
Erdgases in der Stromerzeugung verbrannt. Der Löwenanteil gehe in die
Wärmebereitstellung und dort werden wegen immer besserer Wärmedämmung
Jahr für Jahr erhebliche Einsparungen erzielt. Perspektivisch könnten
auch die kürzlich vorgestellten "Zuhausekraftwerke" des 
Ökostromhändlers Lichtblick auf Basis von gasbetriebenen VW-Motoren 
zu einem effizienteren Erdgaseinsatz beitragen. Sie erzeugen 
gleichzeitig Strom und Wärme für Raumheizung und Warmwasser. 
Insgesamt werde der Erdgasbedarf für eine Übergangszeit nur moderat 
oder gar nicht ansteigen, erläuterte Rosenkranz.
Das Hauptrisiko für die Entwicklung einer zukunftsfesten und 
klimaschonenden Stromerzeugung entstehe dann, wenn verlängerte 
Reaktorlaufzeiten und neue Kohlekraftwerke den Systemkonflikt 
zwischen neuen und alten Energietechnologien anheizen. "Die Parole 
vom ´gesunden Strommix´ aus Uran, Kohle und Erneuerbaren ist genauso 
verlogen, wie es die von den Erneuerbaren als Nischentechnologie 
war", sagte Rosenkranz. "Ab sofort geht es nicht mehr um 
Sowohl-als-auch, sondern um Entweder-Oder".
(1)"Struktur und Dynamik einer Stromversorgung mit einem hohen 
Anteil erneuerbarer Energieerzeuger - Energiestudie (Zwischenbericht,
August 2009) www.erneuerbare-energien.de/inhalt/45057/40870
(2)Fraunhofer IWES, September 2009:
http://www.bee-ev.de/_downloads/presse/2009/090915_BEE_IWES_Studie_PK
_Hintergrund_endg.pdf
(3)Umweltbundesamt, September 2009: 
http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/3850.pdf

Pressekontakt:

Rainer Baake, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin; Mobil: 0151 55016943, Tel.: 030 2400867-0, Fax: 030
2400867-19, E-Mail: baake@duh.de

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik und Presse, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin, Mobil: 0171 5660577, Tel.:030 2400867-0, Fax: 030
2400867-19, E-Mail: rosenkranz@duh.de

Original-Content von: Deutsche Umwelthilfe e.V., übermittelt durch news aktuell

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