Alle Storys
Folgen
Keine Story von Schwäbische Zeitung mehr verpassen.

Schwäbische Zeitung

Schwäbische Zeitung: Immer auf die Kleinen - Leitartikel

Ravensburg (ots)

Gewerkschaften bilden keine homogene Gruppe. Es gibt eine Kluft zwischen vielen der großen, im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) organisierten Arbeitnehmervertretungen wie etwa der IG Metall, und kleineren Spartengewerkschaften wie der GDL. Die Großen nennen die Kleinen schon mal abschätzig "Standesvertretungen". Sie seien nur Sachwalter einer kleinen Gruppe, verhielten sich unsolidarisch und schadeten dem Image der Gewerkschaften generell. Und in der Tat: Das Vorgehen von GDL-Chef Claus Weselsky, der rücksichtslos das Land lahmgelegt hat, gibt den DGB-Gewerkschaften Recht.

Doch es geht um mehr als nur die Bahn. Das beschlossene Tarifeinheitsgesetz soll kleine, streiklustige Gewerkschaften - also oft jene "Standesvertretungen" - ihrer zentralen Aufgabe berauben, über Löhne und Arbeitsbedingungen zu verhandeln. Auch deren Streikrecht stünde dann zur Debatte. Unternehmen, Großgewerkschaften und Bundesregierung sind sich einig wie selten, dass das für mehr Ruhe in den Betrieben sorgen würde. Das stimmt, doch die Liaison der Tarifeinheitsverteidiger ist keine zufällige. Die Verbindungen der SPD-Spitze zu DGB, Verdi und anderen klassischen Gewerkschaften liegen auf der Hand. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi war Funktionärin der IG Bergbau, Chemie, Energie, Arbeitsministerin Andrea Nahles ist Mitglied der IG Metall und stand auch schon auf deren Gehaltsliste. Der Gedanke, dass die Regierung im Gleichschritt mit Großgewerkschaften die Kleinen mundtot machen will, liegt da nicht fern.

Doch womöglich wurde die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Das Bundesverfassungsgericht könnte die Tarifeinheit kippen, da sie gegen das Grundrecht der Koalitionsfreiheit verstößt. Sollten die kleinen Gewerkschaften gestärkt aus der Auseinandersetzung in Karlsruhe hervorgehen, müssten die großen ihren Mitgliedern nicht mehr nur erklären, warum sie in Tarifgesprächen weniger herausgeholt haben als die Konkurrenz. Sie müssten auch darlegen, warum die Menschen überhaupt noch Mitglied bei ihnen sein sollen.

Pressekontakt:

Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 0751/2955 1500
redaktion@schwaebische-zeitung.de

Original-Content von: Schwäbische Zeitung, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: Schwäbische Zeitung
Weitere Storys: Schwäbische Zeitung
  • 21.05.2015 – 23:20

    Schwäbische Zeitung: Putin braucht den Konflikt - Kommentar

    Ravensburg (ots) - Es ist bitter. Angela Merkel bietet im Namen der EU den östlichen Nachbarn eine Neuauflage einer Partnerschaft an - und grenzt sie zugleich aus. Zu große Nähe ist unerwünscht. Natürlich werde Europa Demokratie in den Ex-Sowjetrepubliken fördern. Doch die Kanzlerin ist glasklar: Niemand im Osten dürfe sich Hoffnungen auf eine EU-Mitgliedschaft machen. Nicht einmal in der harmlosen Frage der ...

  • 20.05.2015 – 20:30

    Schwäbische Zeitung: Aus Stuttgart ins Silicon Valley - Leitartikel

    Ravensburg (ots) - Wir stehen mitten in einer digitalen Revolution. Global, national, regional bis ganz tief ins Lokale. In einer solchen Zeitenwende ist es richtig, wenn der Ministerpräsident von Baden-Württemberg nach Kalifornien aufbricht, um sich vor Ort die Ursachen für und die Treiber hinter diesen dramatischen Umwälzungen anzuschauen. Zwar liegen zwischen ...

  • 19.05.2015 – 19:00

    Schwäbische Zeitung: Die Geister, die er rief - Leitartikel

    Ravensburg (ots) - Bernd Lucke ist kein Unschuldslamm. Mit seiner Kritik am Euro, vor allem aber an der Flüchtlings- und Ausländerpolitik, mit Begriffen wie Entartungen und mit symbolischen Euro-Verbrennungen hat Bernd Lucke selbst jene Geister gerufen, die er jetzt so gerne wieder loswerden will. Das dürfte ihm kaum gelingen. Sehr viel wahrscheinlicher ist zur Stunde eine Parteispaltung der AfD in eine vorwiegend ...