Zum Inhalt springen

CTI-Ranking Eon in der Vertrauensfalle

Derzeit steht Vattenfall für seine Pannenreaktoren im Kreuzfeuer der Kritik. Doch auch Konkurrent Eon hat Imageprobleme, wie die Vertrauensforscher von PMG Presse-Monitor in ihrem aktuellen CTI-Ranking feststellen: Den Spagat zwischen ökologischer und konventioneller Stromerzeugung nehme man dem Konzern nicht ab.
Von Simon Schulz

Berlin - Lange war es um die Energiekonzerne relativ still geworden - weil der Lärm der Finanzindustrie so laut toste. Nun bringen Vattenfalls Atompannen und das Kartellurteil gegen Eon (Kurswerte anzeigen) die Versorger wieder auf die Agenda. Dabei ist vor allem die öffentliche Wirkung von Vattenfall  verheerend.

Leicht könnte man da übersehen, dass auch Eon seine liebe Not mit dem eigenen Image hat. Die Probleme liegen tiefer und haben sich über einen längeren Zeitraum entwickelt. Die Vertrauensforschung kann etwas Licht in die Sache bringen.

Gewinner und Verlierer im CTI-Vertrauensranking des ersten Halbjahres 2009: Volkswagen als klarer Sieger, während sich Lufthansa nur gehalten hat. Tief im roten Bereich dagegen Deutsche Bank und Telekom

Gewinner und Verlierer im CTI-Vertrauensranking des ersten Halbjahres 2009: Volkswagen als klarer Sieger, während sich Lufthansa nur gehalten hat. Tief im roten Bereich dagegen Deutsche Bank und Telekom

Foto: [M] DPA; Andreas Pohlmann; mm.de

Im aktuellen CTI-Sechsmonatsranking von PMG Presse-Monitor  und der Universität Leipzig , das die Berichterstattung zu den Vertrauensfaktoren der Dax-Konzerne in 13 deutschen Meinungsführermedien (siehe Methode) analysiert, rangiert Eon auf einem anerkennenswerten 8. Platz. Der Versorger hält damit die Position, die er schon im CTI-Jahresranking 2008 belegte - scheinbar alles in Ordnung also. Doch das öffentliche Vertrauens von Eon weist bei einer detaillierteren, langfristigen Betrachtung eine immense Schwankungsbreite auf.

Der seit Frühjahr 2007 erhobene Vertrauensindex bescheinigt Eon nach einem Vertrauenstiefpunkt im November 2007 (vor allem durch die Kritik an zu hohen Strompreisen und durch Kartellvorwürfe) im vergangenen Jahr eine kontinuierliche Erholung des öffentlichen Vertrauens. Allerdings stagniert der CTI-Wert seit dem vierten Quartal 2008 und geht seit Anfang des Jahres langsam aber sicher wieder zurück.

Die Ursachen hierfür sind komplex - zumal sich die Energiebranche traditionell in einem schwierigen medialen Umfeld bewegt. Während Eon in Bereichen wie Fach- und Problemlösungskompetenz in den vergangenen sechs Monaten noch verhalten Punkten kann, droht die Gefahr eines Reputationsverlustes in den weicheren Vertrauensdimensionen Verantwortungsbewusstsein und Kommunikationsverhalten.

Problemlösungskompetenz wird gelobt

Positiv auf die Einschätzung der Fach- und Problemlösungskompetenz wirken sich zum einen der freiwillige Verkauf von Hochspannungsnetzen und Kraftwerkskapazitäten als Reaktionen auf Kartellverfahren aus, zum anderen das Sparprogramm "Perform-to-win". "Perform-to-win" war nötig geworden, weil sich durch die Anfang März vorgestellte Bilanz trotz eines Milliardengewinns "eine Schneise erschreckender Zahlen" zieht ("Wirtschaftswoche" vom 16. März 2009). Zudem hatte der "einst makellose Ruf von Eon als strategisch gut aufgestelltes Unternehmen (…) unter der missglückten Milliardenübernahme des spanischen Versorgers Endesa  gelitten" ("Süddeutsche Zeitung" vom 17. Juni 2009).

So zwingend "Perform-to-win" von diversen Kommentatoren in der Sache gesehen wurde: Die Kehrseite ist eine tiefe Verunsicherung in der Belegschaft, da das Sanierungsprogramm auch Stellenabbau vorsieht. Die Vertrauensforschung erbringt Belege dafür, dass Stellenabbau immer ein Reputationsrisiko im Hinblick auf Beschäftigte, Medien und die Öffentlichkeit als Stakeholder darstellt. Wer betriebsbedingte Kündigungen zudem in Zusammenhang mit einem Milliardengewinn und Rekordausschüttungen an Anteilseigener diskutiert oder dies gar zeitlich eng zusammen kommuniziert, muss damit rechnen, dass die Medien diesen "Tabubruch" ("Financial Times Deutschland" vom 17. Juni 2009) entsprechend negativ kommentieren.

So sieht die "Frankfurter Rundschau" den Personalabbau denn auch als eine "erbärmliche Antwort" auf die Krise und schreibt weiter, dass "die Mitarbeiter nun dafür bezahlen, dass das Eon-Management in den vergangenen Jahren mit Geld nur so um sich geworfen und dabei Milliarden verbrannt hat." ("Frankfurter Rundschau", 11. Februar 2009). "Die Stimmung im Konzern geriet unter die Nulllinie", schrieb manager magazin (6/2009). "Solche zeitlichen Koinzidenzen sind in der Regel schwere Kommunikationsfehler mit den entsprechenden Konsequenzen, was Vertrauens- und Reputationsverluste angeht", kommentiert Vertrauensforscher Günter Bentele von der Universität Leipzig.

Soziale, ethische und charakterliche Defizite: Eon kommt in der Berichterstattung nur fachlich gut weg

Soziale, ethische und charakterliche Defizite: Eon kommt in der Berichterstattung nur fachlich gut weg

Foto: manager-magazin.de

Eine Diskussion um Stellenabbau ist in einem solchen Umfeld immer eine nachhaltige Gefahr für das entgegengebrachte öffentliche Vertrauen. Zumal wenn aus dem eigenen Aufsichtsrat der Vorwurf laut wird, dass sich der Vorstand "selbst dumm und dämlich verdient" ("Süddeutsche Zeitung" vom 19. Juni 2009). "Mitarbeiter und das breite Publikum müssen solche Informationen als diskrepant wahrnehmen und dies führt immer zu Vertrauensverlusten", so Bentele.

Beim Kommunikationsspagat überdehnt

In einem kommunikativen Spagat ganz anderer Natur befindet sich Eon bei der Bewertung von konventioneller und ökologischer Stromerzeugung. Eon gehört zu den deutschen Unternehmen, die die Machbarkeit von "Desertec", dem rund 400 Milliarden teuren Solarstrom-Projekts in Nordafrika, prüfen. Unabhängig davon kündigte Eon Ende Juni zudem an, mit Milliardeninvestitionen "erneuerbare Energien langfristig zu seinem wichtigsten Energieträger" zu machen ("Handelsblatt" vom 29. Juni 2009).

Zwar wird Eon bei dieser Entwicklung auch durch politische Vorgaben vorangetrieben, aber für den Energiekonzern scheinen bei der nachhaltigen Stromerzeugung durchaus auch die Renditen attraktiv zu sein. Die "Financial Times Deutschland" stellt in ihrer Ausgabe vom 29. Juni 2009 fest, dass Eon laut internen Konzernangaben "in der Ökostromsparte prozentual hohe zweistellige Ebit-Margen" einfahre. Eon auf dem Weg zum grünen Energieriesen?

Wohl kaum, denn gleichzeitig hinterfragt der Konzern in Großbritannien die Förderung erneuerbarer Energien mit Verweis auf die Versorgungssicherheit und die Rentabilität von Kernkraftwerken ("Frankfurter Rundschau" vom 25. März 2009). In Deutschland wird zudem der Ausbau konventioneller Energieerzeugung fokussiert, obwohl Eon laut Grünen-Politiker Al-Wazir den Bedarf des geplanten Ausbaus des Staudinger Kohlekraftwerks trotz "versuchter Schönrechnerei" nicht nachweisen kann ("Frankfurter Rundschau" vom 03. Januar 2009).

Langzeitbeobachtung: Eon zuletzt im Einklang mit den anderen Dax-Konzernen

Langzeitbeobachtung: Eon zuletzt im Einklang mit den anderen Dax-Konzernen

Foto: manager-magazin.de

Und in der Verlängerung der Laufzeit von Kernkraftwerken sieht Eon-Vorstand Christoph Dänzer-Vanotti offensichtlich "einen großen Gewinn für den Klimaschutz" ("Die Tageszeitung" vom 26. Juni 2009) während Konzernchef Bernotat versucht, die Befürchtungen um mögliche Gefahren bei der CO2-Speicherung durch CCS-Technologie mit der Feststellung zu entkräften, dass Kohlendioxid "etwas ganz anderes als Atommüll" sei. ("Frankfurter Rundschau" vom 29. Juni 2009).

Dieser kommunikative Spagat zwischen grüner Kernkraft und renditekräftigem Ökostrom wirkt noch stark konstruiert und wenig gelebt. Die Vertrauensforschung zeigt aber grade hier, dass für einen nachhaltigen öffentlichen Vertrauensaufbau möglichst keine inhaltliche Diskrepanzen zwischen Handeln und Kommunikation vorhanden sein sollten. Und das gilt bei Produkten ebenso wie im Umgang mit Mitarbeitern.

Simon Schulz ist Medienanalyst und Consultant bei der PMG Presse-Monitor GmbH. Das Unternehmen untersucht die Vertrauensfaktoren, wie sie in den meinungsführenden Medien kommuniziert werden. Dabei kooperiert PMG mit den Kommunikationsmanagementexperten Günter Bentele und Ansgar Zerfaß vom Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig.

Übersicht der CTI-Werte von Daxunternehmen im ersten Halbjahr 2009

Mehr lesen über

Verwandte Artikel