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CTI-Ranking Wie die Medien Josef Ackermann sehen

Ordentliche Gewinne, die Aktienkurse heben ab: Geht die Finanzkrise spurlos an den Banken vorüber? Keinesfalls. Das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Finanzsektor ist weiterhin tief erschüttert. An kaum einem Institut lässt sich das so gut zeigen, wie an der Deutschen Bank.
Von Jens Seiffert

Leipzig - Medial begann das Jahr 2009 miserabel für die Deutsche Bank: Unter Überschriften wie "Kasino geschlossen" berichtete die deutsche Presse über die Hintergründe des schlechtesten Quartalsergebnisses in der Geschichte der Deutschen Bank (Kurswerte anzeigen). Doch Deutschlands größtes Geldhaus hatte nicht nur mit massiven Verlusten zu kämpfen. Auch das Image hatte im Zuge der Krise beträchtlichen Schaden erlitten.

"Die Bank kämpft seitdem um verloren gegangenes Vertrauen", sagt Kommunikationsexperte Professor Dr. Ansgar Zerfaß von der Universität Leipzig. "Andere Finanzkonzerne wie die Commerzbank  konnten ihre Vertrauenswerte stabilisieren. Die Deutsche Bank setzt ihren Sinkflug fort."

Im aktuellen CTI-Ranking (Corporate Trust Index) für den Zeitraum 1. Januar bis 15. August 2008 von PMG Presse Monitor  und der Universität Leipzig  liegt die Deutsche Bank abgeschlagen auf dem vorletzten Platz. Nur die Deutschen Telekom  ist schlechter. Obenauf sind dagegen nach wie vor Volkswagen  und Lufthansa , die ihre Spitzenplätze verteidigen konnten.

Gewinner und Verlierer im CTI-Vertrauensranking der ersten drei Monate 2009: Weiter verschlechtert hat sich der Wert für die Deutsche Bank und ihren Chef Josef Ackermann. Volkswagen legt an der Indexspitze zu, dahinter folgt die Lufthansa mit Chef Wolfgang Mayrhuber. Schlisslicht ist die Telekom mit Vorstandschef René Obermann.

Gewinner und Verlierer im CTI-Vertrauensranking der ersten drei Monate 2009: Weiter verschlechtert hat sich der Wert für die Deutsche Bank und ihren Chef Josef Ackermann. Volkswagen legt an der Indexspitze zu, dahinter folgt die Lufthansa mit Chef Wolfgang Mayrhuber. Schlisslicht ist die Telekom mit Vorstandschef René Obermann.

Foto: [M] DPA; Andreas Pohlmann; mm.de

Das Ranking analysiert die Berichterstattung über die Dax-Konzerne in 13 deutschen Meinungsführermedien ( siehe Methode). Im Zentrum stehen dabei unterschiedliche Formen von Vertrauen, das die Firmen genießen.

Im Vergleich zum Dax-30-Finance lag die Deutsche Bank in sechs der acht letzten Monate unter den gemittelten Vertrauenswerten der Konkurrenz, viermal davon deutlich. Der Vergleich des monatlichen CTI-Mittelwertes der Deutschen Bank im Zeitverlauf mit allen anderen Dax-30-Unternehmen fällt noch verheerender aus. Die Deutsche Bank verliert zunehmend an Boden.

Anschluss verloren: Die Deutsche Bank fällt bei ihren Vertrauenswerten deutlich hinter den Dax-Schnitt zurück

Anschluss verloren: Die Deutsche Bank fällt bei ihren Vertrauenswerten deutlich hinter den Dax-Schnitt zurück

Foto: manager-magazin.de

Die Gründe für die Vertrauenskrise sind komplex, doch gleichwohl hausgemacht. Im November 2008 hatte Josef Ackermann eine Welle der Empörung ausgelöst als er Mitarbeitern gegenüber sagte, er würde sich schämen, wenn die Deutsche Bank Staatsgeld in Anspruch nehmen müsste ("Süddeutsche Zeitung" vom 15. Januar 2009). Mit dieser Festlegung auf den Verzicht staatlicher Unterstützung hatte Ackermann sein Haus in einer Einbahnstraße manövriert.

Anspruch und Wirklichkeit klaffen auseinander

Ein Abrücken von dieser Haltung wäre "ein nicht zu ertragender Gesichtsverlust" gewesen, wie das Handelsblatt feststellte (16. Januar 2009). Auch wenn die Haltung des Geldhauses konsequent war, hat sie damit den Weg in das der Vertrauenskrise zugrunde liegende Diskrepanzproblem vorgezeichnet.

Mit dem massiven Verlust der Deutschen Bank im letzten Quartal 2008 öffnete sich die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit schlagartig. Auf der einen Seite stand die Verweigerung jeglicher Staatshilfe, auf der anderen Seite der enorme und in seiner Höhe nie dagewesene Verlust. Die Position der Deutschen Bank wurde in den Augen vieler Finanzexperten zunehmend unglaubwürdig (manager magazin vom 23. Januar 2009).

Die "Taz" sah mit dem Einstieg der Deutschen Post bei der Deutschen Bank sogar erste Anzeichen einer Teilverstaatlichung, wenn auch auf Zeit (15. Januar 2009), ein Vorwurf, den die Deutsche Bank naturgemäß heftig dementierte. Doch der Deal zur Übernahme der Postbank  und die mutmaßlichen Zahlungen von sechs Milliarden Dollar an Steuergeldern der US-Regierung durch den Versicherungskonzern AIG (Kurswerte anzeigen) ("Süddeutsche Zeitung" vom 10. März 2009), legen den Schluss nahe, dass die Deutsche Bank zumindest über die Hintertür von Staatshilfen profitierte.

Die Folgen ließen nicht lange auf sich warten. Hatte die Deutsche Bank im Vergleich zu den Dax-30 Konzernen im Oktoberranking des CTI 2008 noch glänzend dagestanden, brachen ihre Vertrauenswerte nunmehr dramatisch ein. Seit Beginn der regelmäßigen Vertrauensanalysen im April 2007 bis zum Oktober 2008 hatte das Geldhaus stets im Trend, zum Teil sogar deutlich darüber gelegen. In den vergangenen zehn Monaten war das Gegenteil der Fall.

Dass Josef Ackermann in der aktuellen Vertrauensposition eine Schlüsselrolle einnimmt, ist unbestritten. Die öffentliche Empörung über Kanzlerin Angela Merkels Geburtstagseinladung an Ackermann untermauerte dies zuletzt: War es doch die Reizfigur Ackermann, die das Essen im Kanzleramt letztlich zum gefühlten Skandal machte.

Die schlechten Werte in der kommunikationsspezifischen Vertrauensdimension der Bank ähneln denen Ackermanns, der bereits in der Vergangenheit mit seinen öffentlichen Äußerungen - verbal wie non-verbal - immense Vertrauenskrisen ausgelöst hat. So scheint es wohl nur eine Frage der Zeit zu sein, dass Deutschlands Banker Nummer Eins bei seinem Flug der Sonne doch einmal zu nahe kommt.

Mythos der Bank verblasst

"Die Ursachen der Vertrauenskrise nur bei Josef Ackermann zu suchen, wäre allerdings falsch", kommentiert Professor Zerfaß. "Die Medien bescheinigen ihm zwar ein katastrophales Kommunikationsverhalten. Doch Problemlösungskompetenz und Verantworungsbewusstsein traut man ihm zu." Die überwiegend positiven Werte bei diesen beiden Vertrauensfaktoren sind empirisch nachweisbar.

Nicht alles schlecht: In der Öffentlichkeit punktet Deutsche-Bank-Chef Ackermann mit Fachkompetenz und Problemlösungskompetenz. Das Kommunikationsverhalten wird dagegen äußerst negativ bewertet

Nicht alles schlecht: In der Öffentlichkeit punktet Deutsche-Bank-Chef Ackermann mit Fachkompetenz und Problemlösungskompetenz. Das Kommunikationsverhalten wird dagegen äußerst negativ bewertet

Foto: manager-magazin.de

Mit ihren 2009 bisher erzielten Milliardengewinnen konnte die Deutsche Bank das Diskrepanzproblem vorerst lösen. Josef Ackermann und "sein" Haus haben Wort gehalten und die selbst gesetzte Norm, auf staatliche Hilfe zu verzichten, erfüllt - auf den ersten Blick zumindest. So gesehen hat die Deutsche Bank auf die vielen offenen Fragen zu Beginn des Jahres überzeugende Antworten gegeben.

Gerade in der fachspezifischen Vertrauensdimension des CTI weiß die Deutsche Bank deshalb zu punkten. Sowohl in der Fach- als auch in der Problemlösungskompetenz überwiegen die positiven Bewertungen in den Meinungsführermedien deutlich. Steuert die Deutsche Bank also mit fachspezifischem Vertrauen durch die Krise?

Ähnliches Bild: Bei der Deutschen Bank dominiert ebenfalls die Fachkompetenz - Kommunikation und ethisches Verhalten werden als mangelhaft wahrgenommen

Ähnliches Bild: Bei der Deutschen Bank dominiert ebenfalls die Fachkompetenz - Kommunikation und ethisches Verhalten werden als mangelhaft wahrgenommen

Foto: manager-magazin.de

Tatsächlich deuten die Daten des CTI darauf hin, dass die Deutsche Bank trotz schlechter Vertrauenswerte insgesamt - mit ihrer Problemlösungs- und Fachkompetenz - ein Pfund besitzt, mit dem sie wuchern kann. Schließlich hat sie es unter schwierigen Bedingungen verstanden, Kurs zu halten. Die daraus resultierende Deckungsgleichheit zwischen Aussage und Handlung sind dazu geeignet ein Potential aufzubauen, das in Zukunft wieder verstärkt mit Vertrauen belohnt werden könnte. Doch der Weg dahin ist schwierig.

Längst verblasst der Mythos der Bank, die seit einem halben Jahrhundert ohne Staatshilfe auskommt, wie das "Handelsblatt" feststellt (29. Juli 2009). Denn kaum ist die eine Diskrepanz mühsam umschifft worden, türmen sich bereits weitere vor dem Flaggschiff der deutschen Finanzbranche auf.

Wie die Zeitung weiter anmerkt, stammt der Gewinn des zweiten Quartals fast ausschließlich aus dem Investmentbanking, jenem Geschäftsbereich in dem die Finanzkrise ihren Ursprung hatte. Josef Ackermann selbst hatte mehrfach angekündigt, den Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit von nun an mehr auf das stabilere Privatkundengeschäft zu legen, und weniger auf das Investmentbanking. Er hatte gar davor gewarnt zu den alten Sitten zurückzukehren ("Handelsblatt" vom 9. Juli 2009).

Aus der Krise nichts gelernt (?)

Doch noch immer lässt die Deutsche Bank die "Abkehr von risikobehafteten Methoden vermissen." ("Handelsblatt" vom 29. Juli 2009) Der Eindruck, die "Zockerei" gehe unvermittelt weiter, drängt sich dabei auf. Beinahe symbolträchtig passt ins Bild, dass die Deutsche Bank bereits im Februar mit dem weltgrößten Kasinobetreiber MGM Mirage ("Financial Times Deutschland" vom 25. Februar 2009) über Kredite für ein gigantisches Bauprojekt verhandelte - in Las Vegas.

Wie auch immer das Spiel weitergeht: Das Unternehmen läuft Gefahr, fortlaufend diskrepant wahrgenommen zu werden. Sollte die kommunizierte Strategie einer stärkeren Risikodiversifizierung nicht umgesetzt werden, droht neuer Schaden für das Image. Und Imageprobleme hat die Deutsche Bank bereits zur Genüge.

Von den Auswüchsen der globalen Krise abgesehen, gibt es noch weitaus mehr Vertrauensrisiken für die Deutsche Bank. Die haben die Vertrauenswerte des Unternehmens schon in der Vergangenheit massiv belastet. Die Affäre um die geschassten Frankfurter Steuerfahnder, die nach Aussage der "Frankfurter Rundschau" (9. Mai 2009) stapelweise belastendes Material über Steuerhinterziehungen von Kunden der Commerzbank und der Deutschen Bank gefunden hatten, kann noch weite Kreise ziehen.

Gleiches gilt für die Spitzelaffäre ("Frankfurter Allgemeine Zeitung" vom 28. Mai 2009), die das Image der Bank in puncto ethisches Verhalten unlängst schwer beschädigt hat. Ebenso hat der Machtkampf um die Spitze der Deutschen Bank zwischen Clemens Börsig und Josef Ackermann der Reputation der Deutschen Bank erheblich geschadet.

Dass sich die Deutsche Bank im aktuellen CTI-Ranking am unteren Ende der Tabelle wiederfindet, kann angesichts der Fülle an Problemfeldern und der damit verbundenen Diskrepanzen nicht überraschen. Hätte der CTI eine zweite Liga, die Deutsche Bank wäre akut abstiegsbedroht.

Jens Seiffert ist Mitarbeiter am Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig und forscht über öffentliches Vertrauen. PMG untersucht die Vertrauensfaktoren, wie sie von den meinungsführenden Medien kommuniziert werden. Dabei kooperiert das Unternehmen mit den Kommunikationsmanagementexperten Günter Bentele und Ansgar Zerfaß von der Universität Leipzig.

CTI-Werte von Dax-Unternehmen Januar bis August 2009