Im Hausflur des polnischen Fußballverbands (PZPN) blättert der Putz von den Wänden. Präsident Listkiewicz wünscht sich vor allem mehr Zeit. "Wenn die EM erst 2016 stattfinden würde, hätten wir überhaupt kein Problem."

Listkiewicz hatte - wie sein ukrainischer Kollege Grigorij Surkis - Michel Platini bei dessen Wahl zum Uefa-Präsidenten im Januar des vergangenen Jahres unterstützt. Drei Monate später fiel die Entscheidung zugunsten Polens und der Ukraine für 2012.

Bei der Bekanntgabe in Cardiff tanzte Listkiewicz durch den Bankettsaal, umarmt von dem damaligen polnischen Sportminister Tomasz Lipiec, der kurz darauf wegen einer Korruptionsaffäre verhaftet wurde. Er soll bei der Auftragsvergabe zum Bau von Sportstätten bestochen worden sein.

Weil Michel Platini in der Vergangenheit von Zweifeln an den beiden Austragungsländern Polen und die Ukraine erfüllt wurde, unternahm er im Juli eine Kontrollfahrt nach Warschau und Kiew. Jetzt, am Donnerstag und Freitag, tagt das Exekutivkomitee der Uefa in Bordeaux, um über das Problem der EM 2012 zu beraten. Neben den Stadien und dem Verkehr treibt den Verband die Korruption und das Thema Sicherheit um. In beiden Ländern gibt es massive Probleme.

Die polnischen Ligen haben seit Monaten mit einem riesigen Korruptionsskandal zu kämpfen. Dutzende Trainer, Schiedsrichter und Funktionäre sind verwickelt. Es geht um zig verkaufte Spiele. Aber Listkiewicz sucht die Schuldigen für die Probleme lieber woanders: "In Danzig etwa gibt es beim Stadionbau Schwierigkeiten mit den Kleingärten", im Stadtteil Letnica klagen die Hobbygärtner auf Entschädigung.

Witold Baginski kommen fast die Tränen, wenn er von den schönen Wochenenden in seiner Datscha erzählt. Seit die Bagger kamen, hat sich sein Leben geändert. Die EM 2012 ist ihm egal, die "Baltic Arena", die auf dem Boden seines Kleingartens entstehen soll, sowieso, er will nur noch sein Geld.